Jens Kolb

Auszug aus der Examensarbeit:
"Faustball - Eine Untersuchung zu Problemen, Problemlösungen und Möglichkeiten einer Weiterentwicklung und Verbreitung" (Jens Kolb, Oldenburg 2000)

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4. Ergebnisse der empirischen Untersuchung

Die Auswertung der Interviews erfolgt in verschiedener Weise. Zunächst werden in aller Kürze die Kernaussagen der einzelnen Interviewpartner dargestellt, damit die einzelnen Positionen bei der Gesamtauswertung nicht untergehen (Kap. 4.1.). Im Hauptteil erfolgt die themenbezogene Auswertung (Kap. 4.2.). Ein Vorschlag für die weitere Vorgehensweise bei der Verbesserung der Faustball-Situation bildet den Abschluß der Auswertung (Kap. 4.3.).

4. 1 Personenbezogene Auswertung

Auf Grundlage ihres jeweiligen Expertenwissens (vgl. Kap. 3.2.3.2.) haben die Experten im Interview unterschiedliche Schwerpunkte gelegt und Schlußfolgerungen bzw. Forderungen erhoben. Vor der Auswertung durch den thematischen Vergleich werden die Ergebnisse der einzelnen Experteninterviews in einer kurzen Zusammenfassung dargestellt. Es wird darauf hingewiesen, daß die verkürzt dargestellten Aussagen aus dem Interviewkontext entnommen sind.

· A.P. (Arnold von der Pütten)
In der Funktion als Landesfachwart eines Turnverbandes sieht A.P. als eines der Hauptprobleme der Sportart Faustball, daß "wir Faustballer in der Vergangenheit einfach versäumt haben, die richtigen Posten einzunehmen". Er bemängelt das geringe Engagement der Faustballer, sich in den Turnverbänden zu betätigen und fordert: "Es muß so sein, daß wir die Leute auch zu den richtigen Tagungen kriegen, damit man da auch Einfluß nehmen kann. Es ist zwar schwer, dann eine Mehrheit zu kriegen, aber die [im Turnverband, J.K.] müssen merken, daß wir da sind." Weiterhin bemängelt er, daß das in den Landesverbänden vorhandene Geld von den Faustballern zum Teil nicht ausgenutzt wird. Auf Bundesebene sieht A.P. als großes Problem die Ausbildung der Trainer und Schiedsrichter, "weil da auf Bundesebene das Geld fehlt".

· H.P. (Hermann von der Pütten)
Schwerpunkt der Aussagen von H.P. bildet die Vereinsarbeit, im speziellen die Jugendarbeit und ehrenamtliche Tätigkeit. Als langjähriger Abteilungsleiter beklagt er die fehlende Bereitschaft vieler Mitglieder, ehrenamtlich für den Verein zu arbeiten.
Hauptprobleme bei der Verbreitung des Faustballs sieht er darin, daß Faustball ehrenamtlich geführt ist und hinter dem Faustball keine großen Sponsoren stehen. "Nur durch professionelles Management könnte man versuchen, Sponsoren zu finden, die uns in die Medien bringen." Neben der fehlenden Präsenz im Fernsehen sieht er das Problem bei der Verbreitung der Sportart darin, daß Faustball nicht olympisch ist. Von der Faustballführung fordert er, neue Ansätze und Ideen umzusetzen, nicht den "alten Trott" immer weiterzuführen.

· L.B. (Lothar Baade)
Als Vorsitzender des TK Faustball hat L.B. großen Überblick über die Problematik. Schwerpunkt liegt in seinen Augen in der Schwierigkeit, ehrenamtlich Tätige in den Vereinen und Verbänden zu finden ("Es ist ein Mangel an Leuten da, die bereit sind, sich hundertprozentig für den Sport zu engagieren.") und in der Organisation des DTB mit den relativ selbständigen Landesturnverbänden. "Durch die gegebene Verbandsstruktur kann von oben [TK Faustball, J.K.] nicht die richtige Initiative in die Landesturnverbände reingebracht werden." Die Landesturnverbände arbeiten zum Teil recht "lethargisch" und dadurch ist es schwierig, "einen vernünftigen Informationsfluß und Aufbau hinzukriegen".
Außerdem sieht er ein Problem darin, daß viele nicht gemeinschaftlich denken im Sinne des Faustballsports als solchem: "Viele sehen bei jeder Sache nur ihre eigenen Probleme und versuchen nur, ihre eigenen Vorteile rauszuholen."

· O.N. (Olaf Neuenfeld)
Die Aussagen werden hauptsächlich aus Sicht des Vereins und aus Sicht als Jugend-Nationaltrainers getroffen. "Die größten Probleme bestehen sicherlich im Nachwuchsbereich. Die Kinder auf den Faustballplatz zu kriegen, da sehe ich das größte Problem." In diesem Zusammenhang bemängelt er die schlechte Situation in der Trainerausbildung: "Das ist für mich ein wichtiger Schritt, Wissen auf diesem Wege zu erlangen, um dann Jugendliche vernünftig zu führen." Einen Hauptansatzpunkt für die Verbreitung sieht er in der Öffentlichkeitsarbeit. "Z.B. ist die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit im TK Faustball seit mehreren Jahren nicht besetzt. Da liegt einiges im Argen. Das ist für mich der Hauptansatzpunkt. Fernsehen wäre dann der nächste Schritt."

· S.B. (Stefi Bureick)
Die Aussagen von S.B. werden hauptsächlich aus Spielersicht getätigt, den weiteren Hintergrund bildet ihr absolviertes Sportstudium. Schwerpunktmäßig werden Aussagen zum Verein, Ehrenamt und Jugend getroffen.
"Das Hauptproblem ist, daß Faustball nicht bekannt ist und auf Grund der geringen Medienpräsenz auch nicht bekannter wird." Das hat ihrer Meinung nach weitere Konsequenzen: "Es gibt relativ wenig Aktive und ein geringes Medieninteresse, deshalb auch wenig Finanzen", weil das Sponsoreninteresse dementsprechend gering ist. Und dieser finanzielle Mangel führt wiederum dazu, daß "die bestehenden Mannschaften nicht genügend unterstützt werden" können.
Als weiteres großes Problem stellt sie heraus, daß es durch den "gesellschaftlichen Wandel immer schwieriger wird, ehrenamtlich Tätige zu finden".

· T.B. (Torsten Büsselmann)
T.B. trifft die Aussagen hauptsächlich aus Sicht des Vereinstrainers vor dem Hintergrund, als Lehrer auf Erfahrung mit der Thematik Faustball in der Schule zurückgreifen zu können. Sein zentraler Punkt bei der Betrachtung der Problematik ist demnach auch: "Faustball muß Schulsport werden. Das ist ganz elementar. Dadurch hätte man innerhalb der nächsten 10 Jahre eine Verdopplung der Jugendspieler". Dies stellt er als besonders wichtig heraus, denn: "Die Verbreitung der Sportart geht hauptsächlich nur über den Jugendbereich." Für die Weiterentwicklung des Faustballs müßten im Verband "neue Stukturen geschaffen werden", man muß "den Verband als Firma betrachten".

· U.M. (Uli Meiners)
Durch die langjährige Erfahrung auf allen drei aufgeführten Gebieten fußen die Aussagen von U.M. auf sehr viel Hintergrundwissen. Zudem ist U.M. als Lehrer tätig und ist in der Funktion als Landeslehrwart in der Trainerausbildung aktiv.
Ein Hauptproblem sieht er darin, daß von der Bundesebene "mehr Schwung ausgehen muß". "In den Grenzen, die wir jetzt haben im DTB müssen wir offensiver tätig werden." Zudem müßten mehr ehrenamtliche Mitarbeiter gewonnen werden, sowohl auf Verbands- als auch auf Vereinsebene. "Langfristig müßten eventuell die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring wirklich durch Leute besetzt werden, die das hauptamtlich machen. In welchem Rahmen auch immer."

· U.S. (Udo Schulz)
Als Nationaltrainer ist das Spezialgebiet von U.S. das Trainingswesen. Durch Sportstudium und Beruf hat er sich zudem stark mit der Problematik des Ehrenamts auseinandergesetzt und Ansätze vorgestellt. Die Hauptprobleme des Faustballs sieht er im Bereich der Traineraus- und -fortbildung ("dieser Bereich müßte vielleicht hauptamtlich besetzt werden"), sowie in der Öffentlichkeitsarbeit. "Die Öffentlichkeitsarbeit geschieht nicht entsprechend, und zwar auf allen Ebenen. Es sind fast nie Profis am Werke. Für die Fortentwicklung der Sportart Faustball ist das zu wenig."

 

Fazit:

Die Problematik der Sportart Faustball ist sehr vielfältig. Je nach Sichtweise gibt es zudem unterschiedliche Auffassungen und Gewichtungen. Bei der Auswertung ist aber gleichzeitig zu beachten, daß im Faustballsport durch die relativ geringe Anzahl an Faustballern keine ganz scharfe Trennung zwischen den einzelnen Tätigkeitsbereichen besteht. Anders als bei großen Sportarten wie Fußball haben auch die Funktionäre fast immer Kontakt zum Spielerbereich, sei es durch die eigene Spielertätigkeit oder durch Kinder, die Faustball spielen. Die Sicht erfolgt demnach oftmals nicht nur aus einer Perspektive heraus ohne weitere Kenntnisse. Als bestes Beispiel kann U.M. dienen, der wie erwähnt Erfahrung aus allen Bereichen aufweisen kann.