Jens Kolb

Auszug aus der Examensarbeit:
"Faustball - Eine Untersuchung zu Problemen, Problemlösungen und Möglichkeiten einer Weiterentwicklung und Verbreitung" (Jens Kolb, Oldenburg 2000)

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4.4. Zusammenfassung und Wertung der empirischen Untersuchung

Die Erhebungsdurchführung wurde bereits in Kapitel 3.4. reflektiert, deshalb gehe ich darauf an dieser Stelle nicht noch einmal näher ein. Hier soll Stellung genommen werden zum gewählten Untersuchungsverfahren insgesamt und abschließend zu den Untersuchungsergebnissen.

Rückblickend kann zur Untersuchung festgestellt werden, daß die gewählte Form des leitfadengestützten Experteninterviews geeignet war, das gestellte Themengebiet umfassend und meiner Einschätzung nach gewinnbringend zu behandeln. Die Interviewpartner hatten bei der Beantwortung der Fragen viel Freiräume und konnten ihre eigene Gewichtung der Problematik darlegen. Sie hatten die Möglichkeit, ausführlich und relativ ungelenkt auf ihre Spezialgebiete einzugehen und ihre Sicht darzulegen. Somit haben sich die Mitschnitte bzw. Protokolle für die Auswertung als sehr ergiebig erwiesen. Durch die Orientierung am Leitfaden ist gewährleistet gewesen, das Interview auf die in der Vorstrukturierung als relevanten erachteten Themengebiete zu focussieren und gleichzeitig diesen Spielraum zu gewähren (vgl. Kap. 3.2.3.1.). Somit standen von allen Experten Aussagen zumindest zu den wichtigsten Gebieten zur Verfügung.

Zu einigen Themen bzw. -aspekten lagen nur vereinzelte Aussagen vor. Dazu konnte es kommen, weil beispielsweise beim Lehrwesen (vgl. Kap. 4.2.7.) der Aspekt der Auswahllehrgänge von mir in der Vorstrukturierung nicht mitbedacht worden ist. Da die Untersuchung aber grundsätzlich dem Prinzip der Offenheit verschrieben ist (vgl. Kap. 3.2.1.) und somit vom Forscher ein flexibles Vorgehen bei nicht antizipierten, für die Untersuchung aber wichtigen, Aspekten gefordert ist, hat dieser Bereich in der Auswertung seinen verdienten Platz gefunden. Weiterhin konnte es dazu kommen, weil natürlicherweise bei den Experten ein unterschiedlicher Kenntnisstand bezüglich Thematiken vorliegt und speziell bei Lösungsansätzen individuelle Richtungen angegeben werden können, die von wenig anderen geäußert werden (vgl. z.B. Kap. 4.2.3.2.).

Die Auswertung hat sich als sehr aufwendig und teilweise nervenaufreibend erwiesen. Das liegt einerseits in der für ein Interview hohen Anzahl von insgesamt acht Experten begründet, hauptsächlich aber in der Komplexität der Themenstellung. Die Gefahr bestand für mich darin, nicht zu ausführlich auf einzelne Aspekte einzugehen und alle Kleinigkeiten darzulegen, die zu diesem Themenbereich gehören, andererseits wollte ich aber nach Möglichkeit auch Randbemerkungen nicht einfach wegfallen lassen, besonders in Richtung von Lösungsansätzen. Ich habe mich also des öfteren auf einer schmalen Grat bewegt, bzw. im Zwiespalt befunden: Einerseits die genaue Begründung anstrebend, andererseits die Kürze suchend. Den Mittelweg habe ich sicherlich nicht immer gefunden. Ein einzelnes Thema wie die Problematik des Ehrenamtes in Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Wandel beispielsweise könnte bereits eine komplette Arbeit füllen.

Die Auswertungsmethode des thematischen Vergleichs erschwerte zudem eine allzu verkürzende Darstellung der Ergebnisse. Es sollten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Expertenaussagen herausgearbeitet werden (vgl. Kap. 3.2.3.6.). Glücklicherweise wiesen die Aussagen oftmals in ähnliche Richtungen, so daß exemplarisch Aussagen zitiert werden konnten. Bei einigen Aspekten konnte auf eine ausführliche Darstellung nicht verzichtet werden. So wurde z.B. das Problem des stockenden Informationsflusses von vielen erwähnt, aber nicht den gleichen Ursachen zugeschrieben (vgl. Kap. 4.2.4.1.).

Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß die Probleme der Sportart Faustball offensichtlich von allen Experten ähnlich verortet werden, natürlich mit unterschiedlichen Gewichtungen. Insgesamt aber herrschen keine groben Unterschiede in der Einschätzung der größten Probleme der Sportart. Dies liegt meiner Ansicht nach stark darin begründet, daß die Äußerungen sehr bedacht und realitätsbezogen getroffen worden sind. Ohne Grundlage sind keine oder kaum Forderungen erhoben worden. So wäre es ja vielleicht denkbar gewesen, für Bundesligaspieler oder Nationalspieler eine hohe Bezahlung zu fordern, oder z.B. ohne wenn und aber die Gründung eines eigenen Faustballverbandes. Getroffene Äußerungen wurden teilweise selber kritisch hinterfragt, bzw. relativiert oder sogar zurückgezogen. So z.B. von S.B., die zunächst vorgeschlagen hatte, Posten wie die des Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit hauptamtlich zu besetzen, dann aber kritisch angemerkt hat, daß dann im Prinzip alle TK-Mitglieder eine Bezahlung erhalten müßten.

Weiterhin wurden keine unüberlegten und unbegründeten Schuldzuweisungen getätigt. Kritik beispielsweise am TK Faustball als Führungsebene ist zwar getätigt worden (vgl. Kap. 4.2.4.1.), diese aber begründet und im selben Zuge wurde auch Verständnis für den hohen Zeit- und Arbeitsaufwand geäußert.

Die von mir befragten Experten kamen fast alle aus dem Landesturnverband Niedersachsen, einem der führenden Faustballverbände in Deutschland, in dem die Sportart recht gut verbreitet und geführt ist. Zudem stammen alle aus gut funktionierenden Faustballvereinen. Ich kann schlecht beurteilen, ob eine Untersuchungserhebung in einem anderen Landesturnverband zu ähnlichen Ergebnissen geführt hätte. Sicherlich treten einige Probleme in einem gut funktionierenden Verband nicht so zu Tage. Da die befragten Experten aber interessierte Faustballer sind und auch einen gewissen Überblick über die Sportart haben, kann davon ausgegangen werden, daß die Befragung einen repräsentativen Charakter aufweist, zumal unter den Befragten der TK Faustball-Vorsitzende vertreten war, der einen ziemlich großen Überblick über die Probleme der Sportart Faustball in Deutschland haben dürfte.