Jens Kolb | Auszug aus der
Examensarbeit: |
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4.3. Weiterführende Auswertung - Vorgehensweise für die Verbesserung der Faustball-Situation
Der Bereich des Faustball-Lehrwesens wird unterteilt in die Aspekte Lehrmaterial, Trainerwesen und Leistungsseite des Lehrwesens. Bei der Leitfadenerstellung blieb der letztgenannte Bereich unberücksichtigt. Durch das offene Vorgehen, sind trotzdem einige Äußerungen zu diesem Themengebiet getätigt worden, die Berücksichtigung finden sollen.
4.2.7.1. Ist-Zustand und Probleme | 4.2.7.2. Lösungsansätze |
In Kapitel 2.1. ist bereits erwähnt worden, daß zu wenig Fachliteratur im Faustball existiert. An dieser Situation hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten scheinbar nichts Grundlegendes geändert. Diese Erkenntnis spiegelt sich in folgenden exemplarischen Aussagen wider: "Die Menge an Faustball-Literatur ist nicht ausreichend." (L.B.) "Viel Literatur gibt's eigentlich nicht." (S.B.) "Es gibt zu wenig Literatur, weil an den Universitäten zu wenig Faustballer sind. Es gibt keine Leute, die etwas schreiben könnten. Es gibt einige Examensarbeiten."(U.M.) Nur U.S. und O.N. treffen eine andere Einschätzung: "Es gibt in meinen Augen relativ viel Lehrbücher - relativ für Faustball. Allerdings sind diese ganzen Bücher hauptsächlich auf den fortgeschrittenen Bereich ausgelegt." (O.N.) "Es sind gute Ansätze aus der Schweiz da. Diese müßten sicherlich erweitert werden." (U.S.) Also sehen auch diese beiden Experten einen Bedarf an zusätzlicher Literatur. Ein weiteres Problem kommt bei der Betrachtung der Faustball-Literatur zum Tragen. Oftmals ist die vorhandene Literatur nicht ausreichend bekannt und teilweise nur schwer zu beschaffen. Selbst in Faustballkreisen ist die Literatur selten bekannt. "Und das, was vorhanden ist, ist auch nicht ausreichend bekannt. Man kann für viele Sportarten in Buchhandlungen gehen und kann Lehrbücher bekommen, aber im Faustballbereich ist es ganz schwierig, etwas zu finden. Es sind alles mehr oder weniger Dinge, die auf privater Basis entstanden sind." (L.B.) "Über Lehrmaterial bin ich nicht genau informiert. Ich weiß von einigen Lehrbüchern, die aber schon älter sind und nicht aktualisiert wurden. Man kommt nicht leicht an diese Informationen ran, es ist wieder internes Fachwissen. Ständiges Verfügungsmaterial in Büchereien gibt es nicht." (H.P.) "Wer sich über Faustball informieren möchte, findet Wege. Auf der anderen Seite ist es nicht so, daß eine Offensive vom Bereich Faustball besteht." (U.M.) Die Motivation und Kompetenz, neue Faustball-Fachliteratur zu verfassen, ist kaum vorhanden. "Insgesamt ist der Anreiz, neue Bücher zu schreiben, nicht sehr groß aufgrund mangelnder Nachfrage." (U.M.) "Es gibt wenig gute Verantwortliche, die die Zeit hätten. Leute, die sich wissenschaftlich damit auseinandersetzen, gibt es kaum." (S.B.) Positiv hervorgehoben wird von einigen Experten, daß ein Lehrvideo zum Faustball existiert, welches die Einführung in der Schule thematisiert. Dieses ist aber wiederum auch nur einem kleinen Teil der Faustballer bekannt. Die Hälfte der Befragten erwähnt dieses Lehrvideo nicht.
Das Trainerwesen stellt in jeder Sportart einen wichtiger Bereich dar. Gleichzeitig ist die Ausübung des Trainerpostens aber mit einem hohen Zeit- und auch Geldaufwand verbunden, so daß es nicht leicht ist, qualifizierte und motivierte Trainer zu finden, zumal im Faustball Trainer oftmals nur eine geringe Aufwandsentschädigung erhalten (vgl. Kap. 4.2.6.2.). Die Situation im Trainerwesen wird durchgängig als sehr bedenklich eingestuft. Auf Grund des unterschiedlichen Erfahrungshintergrundes fallen die Aussagen zu diesem Bereich verschieden aus. Die in die Trainerausbildung eingeweihten berichten über die Ausbildungssituation, daß es im Faustball zu wenig ausgebildete Trainer gibt. In den Vereinen können Trainer ohne Lizenz arbeiten. "In vielen Vereinen ist man froh, wenn sich jemand bereit erklärt, Jugendarbeit zu leisten. Egal, ob er einen Schein hat. Insgesamt gibt es zu wenig ausgebildete Trainer. Oft ist das Faustball-Training auf einem Niveau, das nicht gerade motivierend ist." (U.M.) "Wir kranken daran, daß es zu wenig gut ausgebildete Trainer gibt. Damit meine ich nicht mal pädagogisch oder psychologisch, sondern rein fachlich. Ein Problem des Faustballs ist es, daß es auch ohne Trainerlizenz ohne weiteres möglich ist, eine Mannschaft zu trainieren. Die Leute müssen überhaupt keine Qualifikation haben und dürfen Mannschaften bis zur Deutschen Meisterschaft führen - und sind da vielleicht auch noch erfolgreich. Das ist ein Riesenmanko." (U.S.) "Wir haben festgestellt: Nur 30% der Jugendmannschaften, die an der Deutschen Meisterschaft teilnehmen, haben einen ausgebildeten Trainer mit Lizenz." (L.B.) "In der Trainerausbildung ist die Situation sehr, sehr schlecht. Die Qualifikation der Trainer - gerade im Jugendbereich - läßt doch sehr zu wünschen übrig. Es fängt beim Umgangston an bis hin zum fachlichen Wissen" (O.N.). U.M. weist darauf hin, daß kein finanzieller Anreiz für die Trainer besteht, sich fortzubilden und zu qualifizieren. "Es ist nicht garantiert, daß ich 30-40 DM für die Stunde bekomme, wenn ich einen Trainerschein habe. Also ist es auch hier wieder eine Spaßfrage, ob ich den Trainerschein mache. Dabei ist es aber auch nicht garantiert, daß ein ausgebildeter Trainer für ein ganz tolles Training sorgt. Durch die Trainerausbildung will man aber ja Anregungen geben, daß das Training interessanter, motivierender und besser wird" (U.M.) Für den geringen Ausbildungsstand machen die Experten u.a. die mangelhafte Trainerausbildung verantwortlich. Auf Bundesebene gibt es kein Trainerausbildungssystem, auf Landesebene nur teilweise. "Das hängt teilweise mit dem Ehrenamt zusammen, aber auch mit der Trainerausbildung an sich. Nicht in allen Bundesländern werden regelmäßig Trainerlehrgänge angeboten, in einigen Landesturnverbänden ist eine Trainerausbildung eher der seltene Fall. Das ist für mich ein wichtiger Schritt, Wissen auf diesem Wege zu erlangen, um dann Jugendliche vernünftig zu führen und auch die Möglichkeiten ausschöpfen zu können." (O.N.) "Ein Problem ist, daß wir mit der Ausbildung von qualifizierten Trainern ein bißchen hinten dran hängen. Das liegt mehr oder weniger am Ausbildungssystem. Die Situation ist so: Die Trainerausbildung ist bislang von den Landesturnverbänden betrieben worden. Es ist auf Grund der finanziellen Situation kaum möglich, landesübergreifend einen Lehrgang zu machen, weil die Länder nicht bereit sind, ihre Leute zu finanzieren, wenn der Lehrgang in einem anderen Landesturnverband stattfindet. Das hat ganz große Probleme gegeben. Dadurch ist die Trainerausbildung relativ abgebrochen. Das ist ein großes Manko bei uns. Wir sind aber dran, das zu ändern." (L.B.) "Auf Bundesebene gibt es keine Trainerlehrgänge, weil dafür das Geld fehlt." (A.P.) H.P. bezieht sich in seinen Aussagen nur auf die Vereinsbasis. Auch S.B. und T.B. können keine konkreten Aussagen zur Trainerausbildung treffen, da sie in diesem Bereich über wenig Erfahrung verfügen. "Die meisten machen das Training aus dem Gefühl heraus. Das muß ja nicht immer schlecht sein. Aber sobald das alles auf ehrenamtlicher Basis ist, muß man froh sein, daß überhaupt jemand den Job macht." (S.B.) "Die Situation in der Trainerausbildung war schon besser. Das Interesse daran erlahmt eher. Auf den Lehrgängen gibt es keine neuen Erkenntnisse." (T.B.)
Durch die Deutsche Meisterschaft der Landesturnverbände ist ein Anlaß für die Lehrarbeit in den einzelnen Landesturnverbänden gegeben. In den einzelnen Landesturnverbänden wird aber ein recht unterschiedliches Ausmaß an Aktivität festgestellt. "Wir haben festgestellt, daß in den Landesturnverbänden nur wenige Lehrwarte der Landesverbände richtig aktiv sind und bereit sind, überhaupt mit der Bundesebene, dem Lehr- und Trainerrat, zusammenzuarbeiten. Da müssen wir dran arbeiten, daß wir da eine Verbesserung erreichen können." (L.B.) "Zumindest auf NTB-Ebene passiert da einiges. Es gibt Bezirks- und Landeslehrgänge für die Deutsche Meisterschaft der Landesturnverbände und das Turnier 'Niedersachsenschild'. Die Durchführung der Lehrgänge hängt vom Landesturnverband ab. Teilweise hat Faustball dort eine schlechte Lobby." (U.M.) T.B. bemängelt die rückläufige Entwicklung im Bereich der Auswahllehrgänge: "Zu meiner aktiven Zeit gab es auch Lehrgänge auf Regional- und norddeutscher Ebene. Man mußte sich auf viel mehr Lehrgängen durchsetzen. Das hat Einfluß auf die Leistungsstärke der Nationalmannschaften. Qualifizierte Trainer konnten auf die Entwicklung der Jugend einwirken. Wenn man das einmal mit Österreich vergleicht. Dort spielt Geld weniger die Rolle; der WM-Titel steht im Vordergrund. Alles andere wird untergeordnet. Das wird sich in der Leistung wiederfinden." (T.B.) Fazit: Im Lehrwesen der Sportart Faustball bestehen große Defizite, welche weitreichende Konsequenzen haben. Hauptprobleme sind in der geringen Breite an Fachliteratur aller Art, sowie in der Trainerausbildung zu sehen. Die geringe Literaturmenge war ein Grund für die Verdrängung aus dem Schulsport und stellt immer noch einen elementaren Grund dafür dar, die Wiedereingliederung in den Schulsport nicht zu erreichen. Neben der unzulänglichen Trainerausbildung in vielen Landesturnverbänden ist es für Faustball-Trainer schwierig, sich selbständig fachlich weiterzubilden. Das hat zur Folge, daß viele Trainer ohne Lizenz arbeiten und das Training lediglich auf dem eigenen Erfahrungsschatz aufbauen. Zumindest durch die Auswahllehrgänge für den Deutschlandpokal wird in den Landesturnverbänden das Lehrwesen aufrecht erhalten. Viel mehr Aktivität scheint in einigen Landesturnverbänden diesbezüglich nicht zu sein. Auf Bundesebene läßt die erwähnte enge finanzielle Situation die Zahl der Auswahllehrgänge auf ein Minimum zusammenschrumpfen. Damit ist automatisch ein Verlust der Leistung verbunden.
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Die Möglichkeiten, neue Faustball-Literatur zu erstellen, scheinen stark begrenzt zu sein. Von den Experten werden dementsprechend wenig Lösungsmöglichkeiten genannt. "Es gibt zu wenig Literatur, weil an Universitäten zu wenig sind. Also gibt es keine Leute, die etwas schreiben könnten." (U.M.) "Es wäre wohl nur möglich, über Studenten an neue Ausarbeitungen zu kommen." (H.P.) "Sinnvoll wäre sicherlich ein praxisbezogenes Lehrbuch, das als Fundgrube von methodischen Übungs- und Spielreihen dienen könnte." (U.S.) T.B. sieht eine Chance, über die Vergabe von wissenschaftlichen Arbeiten an neue Literatur zu gelangen. "Eine Hochschule könnte schon viel bewirken." (T.B.)
Viele Ansätze werden zu diesem Bereich nicht angeführt, oftmals verbleiben diese auf einer oberflächlichen Ebene. Es ist das Bewußtsein vorhanden, daß etwas geändert werden müßte. Als erstes sollte über den Aufbau der Trainerausbildung nachgedacht werden. Exemplarisch dazu die Aussage von Bundestrainer U.S.: "Eine klar strukturierte Trainerausbildung muß her, die nach Möglichkeit auf alle Landesturnverbände heruntergebrochen wird. Weiterhin muß die Ausbildung mit sehr guten Referenten erfolgen und gezielt auch auf die Gestaltung von Jugendtraining eingehen." (U.S.) Aktivitäten müßten in allen Landesturnverbänden ansetzen. "Erstrebenswert wäre es, in allen Landesturnverbänden verantwortliche Lehrwarte zu haben, die vielleicht vom Bundeslehrwart unterstützt werden." (U.S.) Zusätzlich muß länderübergreifend gearbeitet werden. In dieser Richtung laufen bereits Aktivitäten. "Es muß auch länderübergreifend gearbeitet werden. Man muß Länder zusammenziehen, wo die Masse an Faustballern fehlt, z.B. die Stadtstaaten Bremen und Hamburg, die werden sicherlich keine eigene adäquate Ausbildung auf die Beine stellen können." (U.S.) "Wir sind dran, etwas zu bewegen. Wie wollen, daß es im Bundesgebiet Schwerpunkte gibt, z.B. wird in Niedersachsen für den Nordbereich in der Turnschule Melle die Ausbildung für B-Trainer gemacht. Die Chancen stehen recht gut, weil sich der sogenannte 'Nordverbund' gebildet hat, wo sich einige Landesturnverbände aus dem Norden zusammengeschlossen haben. Wir hoffen, daß wir jetzt auch die entsprechenden finanziellen Unterstützungen kriegen, um diese Trainerausbildung weiter zu forcieren, so daß man da die Leute bekommt, die dann bereit sind, den Nachwuchs zu fördern." (L.B.)
Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation der Auswahllehrgänge werden nur von zwei Experten genannt. "Wir versuchen jetzt, zusätzlich zu den Bundestrainern noch Regionaltrainer aktivieren zu können, so daß ein besserer Fluß passiert." (L.B.) "Es ist angedacht, kleine Stützpunkte aufzubauen, die von ehemals guten Spielern geleitet werden. Die dann die entsprechenden Talente aus verschiedenen Kadern einmal die Woche zusammenziehen, um somit besonders den jüngeren talentierten Spielern die Möglichkeit eines adäquaten Trainings zu geben, aber auch A-Kaderspielern zusätzlich Anleitung zu geben. Diese Trainer sollen gleichzeitig für Vereinstrainer Ansprechpartner für Fortbildungsmaßnahmen sein. Dazu gehört aber auch die Bereitschaft der Vereinstrainer, zu lernen." (U.S.) Diese Ansätze sind im Sinne der von T.B. bemängelten rückgängigen Situation im Lehrgangswesen zu begrüßen. Eine gezielte Förderung von Talenten ist für die Leistungssteigerung der Nationalmannschaften grundlegend. Fazit: Lösungsansätze zum Bereich Lehrwesen fallen recht dürftig aus. Es scheint wenig Möglichkeiten zu geben, neue Fachliteratur zu erstellen. Im Bereich der Trainerausbildung und der Förderung von guten Spielern sind erste Ansätze zu verzeichnen, begrenzend wirkt der enge finanzielle Rahmen. |